Kurzgeschichte zu Ein Hauch von Schicksal
Grace Rivers Zukunft
Ich erwache. Irgendwas ist passiert, ich
spüre es genau. Als mein Blick sich klärt, frage ich mich, wo ich bin. Ich
kneife meine Augen wieder zu und öffne sie wieder, in der Hoffnung, dass alles
nur eine Wahnvorstellung war. Oder ein Traum. Aber nein. Alles sieht genauso
fremd aus wie eben.
Ich setze mich in meinem Bett auf. Es ist
ähnlich groß wie meines zu Hause aber ohne Himmel und ganz weiß und eckig. Zu
meiner Rechten sind riesige Fenster, durch die kühles Licht herein scheint. Ich
stehe auf und gehe dorthin.
Mir bleibt die Luft weg, als ich hinaus sehe.
Überall sind gläserne Häuser und Türme. Ein paar Bauten, wie ich sie kenne,
sind auch zu sehen, aber eher wenige.
Wo zum Teufel bin ich?
Ich drehe mich zum Zimmer und zucke plötzlich
so stark zurück, dass mein Kopf an das Glas donnert. Au. Ich reibe meinen Kopf.
Der Grund für mein Erschrecken ist ein
Gemälde, das dem Bett gegenüber an der Wand hängt. Darauf bin ich zu sehen.
Neugierig gehe ich näher. Ich habe auf dem
Gemälde eine Mango in der Hand und ein Krokodil liegt zu meinen Füßen. Ich kann
mich nicht daran erinnern, dass dieses Bild gemalt wurde. Es muss sehr alt
sein, so weit reicht mein Kunstwissen gerade noch. An die 200 – 300 Jahre.
Vor 200 Jahren schrieb man das Jahr 1470.
Wenn das Bild aber sogar noch älter war? Meines Wissens konnte man zu dieser
Zeit noch gar nicht derartige Gemälde anfertigen. Das war erst vor etwa 5
Jahren erfunden worden.
Andererseits... ich sehe wieder aus dem
Fenster. Das sieht alles sehr futuristisch aus.
Plötzlich habe ich einen Geistesblitz. Um
nicht zusammen zu brechen, lasse ich mich schnell auf dem Bett nieder. Ich
taste nach dem Talisman, der an einer Kette um meinen Hals hängt.
Gestern Abend habe ich doch einen Wunsch an
diesen Talisman geäußert. Wie war noch gleich der genaue Wortlaut? Ein anderes
Leben, egal welches, egal wo, egal wann.
Das kann doch nicht wirklich... oder doch?
Das würde alles erklären. Einfach alles, das heute morgen passiert ist. Ich
muss unbedingt einen Kalender finden. Ich muss wissen, welches Jahr wir
momentan schreiben. Hier, nicht in meinerm Kopf.
Aber erstmal muss ich zum Abbott. Nur wo ist
das? Hier im Raum ist nur eine Tür zu finden und die führt vermutlich auf den Flur
hinaus. Doch so, in meinem rosa Nachthemd mit Spitze kann ich mich nicht vor
anderen Leuten sehen lassen. Aber... ist hier überhaupt noch jemand im Haus?
Ich lausche. Und lausche. Als ich nach einer
Weile immer noch kein Geräusch vernehmen kann, gehe ich vorsichtig zur Tür und
öffne sie einen Spalt breit. Ich sehe mich um, als sei ich ein Meisterdetektiv.
Niemand ist zu sehen.
„Hallo?“ rufe ich. Nichts. Nur Stille. Allem
Anschein nach bin mutterseelenallein in diesem Haus. Seltsam. Immer war
mindestens Cecily dabei. Wie soll ich ohne sie nur zurecht kommen?
Während ich mich nach dem Abbott auf die
Suche mache und systematisch alle Türen öffne, fällt mir plötzlich wieder die
Hochzeit mit Rhys Tyler ein, die mir bevorgestanden hatte. Fast tut mir die
Person leid, mit der ich Leben getauscht habe, weil sie ihn jetzt heiraten
muss. Aber nur fast. Cecily sagt immer, ich sei ein sehr egoistischer Mensch.
Ich kichere.
In einem der Räume begegnet mir etwas, das
einem Abbott gar nicht unähnlich sieht. Außer, dass es weiß ist und nicht aus
Steingut. Hinter dem Ding sind zwei Schalter in die Wand eingelassen. Zumindest
vermute ich, dass es Schalter sind, ich habe von so etwas nicht viel Ahnung.
Wofür sie da sein sollen, verstehe ich allerdings kein Bisschen. Denn das
Abbott wird ja wohl von der Haushälterin ausgeleert. Ich runzele die Stirn. Von
der weit und breit keine Spur ist. Egal. Sie wird schon kommen.
Als ich wieder auf den Flur trete, beschließe
ich, dass ich mich erst einmal ankleiden sollte.
Nicht, dass mich irgendjemand in diesem
Aufzug sieht. Das wäre sicher auch in dieser futuristischen Zeit eine Schande.
Zurück in dem Zimmer, in dem ich aufgewacht
bin, sehe ich mich um, ob irgendwo etwas ist, das dem Kleiderschrank bei mir zu
Hause ähnlich sieht.
Ich fasse einen großen, viereckigen, weißen
Kasten ins Auge. Da ist auf jeden Fall etwas drin. Hoffentlich Kleider. Ratlos
bleibe ich davor stehen. Wie öffnet man ihn bloß?
Ich untersuche den Kasten sorgfältig,
versuche an verschiedenen Stellen, ihn aufzuziehen. Er bleibt verschlossen.
Schließlich lehne ich mich frustriert gegen die eine Kante.
...und wäre fast umgefallen. Die eine Wand
des Kastens gleitet zur Seite und enthüllt tatsächlich Kleider. Zumindest
hätten es Kleider sein sollen. Stattdessen sind es Hosen und Blusen. Wo bin ich
denn gelandet? Hosen tragen doch nur Männer...
Da ich nur in die eine Hälfte des
Kleiderschrankes – denn offensichtlich ist er genau das – sehen kann,
beschließe ich, die gleiche Masche auch bei der anderen Kante zu versuchen und
tatsächlich klappt es. Diesmal hängen dort auch einige Kleider.
Ich wähle ein grünes, das meine rot-goldenen
Haare und meine grünen Augen betont und nach einem Kampf mit dem Kleid
bewältige ich es sogar, den Reißverschluss am Rücken zu schließen.
Jetzt geht es mir schon viel besser.
Ich trete erneut auf den Flur hinaus und
steuer auf die offene Doppeltür hin, die mir schon vorhin ins Auge gefallen
ist. In dem Raum dahinter stehen einige gemütliche Sofas und Sessel. Ein
Wohnzimmer.
Und an der Wand entdecke ich etwas, das ein
Kalender sein könnte. Ich trete näher und begutachte ihn. Unten sind die Zahlen
von 1 bis 31 geschrieben. Oben ist ein Bild mit herumtollenden Katzenbabys (wie
süß!). Ich bewundere, wie täuschend echt es gemalt ist. Wirklich. Man könnte
denken, die Katzen einfach berühren und streicheln zu können.
Unter dem Bild steht die wichtige
Information, die ich brauche: Mai 2015.
2015? Gestern war ich doch noch im jahre 1679
gewesen. Das ist mehr als 300 Jahre früher als 2015!
Jetzt weiß ich es sicher:
Ich, Grace Rivers, bin in der Zukunft gelandet! Durch einen Wunsch, der an
einen Talisman gerichtet war. Und den beschriebenen Papieren nach zu urteilen,
die auf dem Wohnzimmertisch liegen, heißt die Person, mit der ich mein Leben
getauscht habe, ebenfalls Grace Rivers und ist auch noch genauso alt wie ich.
Das ist wirklich, wirklich s
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